Töne sauberer treffen – verbessere mit dieser Strategie deine Intonation
Als Intonation wird bezeichnet, wie genau man die Tonhöhe trifft: Das Fremdwörterbuch definiert das Wort „intonieren“, welches aus dem lateinischen kommt, folgendermassen: „Beim Sprechen oder Singen die Stimme auf eine bestimmte Tonhöhe einstellen.“
Wenn man also davon spricht, dass jemand „falsch singt“ oder „die Töne nicht trifft“, meint man damit, dass er nicht sauber intoniert. Während man bei einem Klavier z.B. einfach die richtige Taste drücken kann und dann der richtige Ton erklingt, müssen wir SängerInnen ständig durch unser Gehör und die richtige Spannung für unsere Töne kontrollieren, damit sie auch richtig erklingen.
Du kannst dir das so vorstellen: Für jeden einzelnen Ton, stimmst du deine Saiten neu – sprich: für jeden einzelnen Ton musst du deine Stimmbänder auf die exakt richtige Länge /Spannung einstellen, sprich an- oder ent-spannen. Unglaublich, nicht? Dass da mal was schief gehen kann, ist eigentlich nicht weiter erstaunlich… 😉
Das heisst, wir sind beim intonationssicheren Singen immer auf der Suche nach der exakt richtigen Spannung: weder unterspannt – noch überspannt…
Unser „Stimmgerät“ sind dabei unsere Ohren…
Das heisst Intonationsprobleme sind praktisch immer entweder Probleme mit dem Hören (z.B. Band zu laut) oder eben Spannungsprobleme.
Oder, dass eine Melodie, ein Tonsprung noch nicht sicher im Ohr ist.
Es gibt eine Menge Gründe, weshalb du deine „Saiten“ (= Stimmbänder) nicht richtig spannst.
Die Spannung unserer Stimmbänder hängt auch sehr stark mit unserer Körperspannung und diese wiederum mit unserer Emotion zusammen.
Dieses Phänomen kann man auch sehr gut im alltäglichen Leben beobachten: Ist jemand sehr entspannt, klingt seine Stimme tiefer. Je emotionaler und angespannter jemand ist (nervös, wütend, ungeduldig usw.), desto höher wird seine Stimme.
Zu wenig Spannung und damit zu tiefe Töne entstehen z.B.
- wenn man für die entsprechende Tonhöhe nicht genügend stützt (v.a. hohe, intensive Töne)
- bei einer zu schlaffen Körperhaltung (Allgemein oder Müdigkeit)
- wenn man körperlich nicht richtig dabei ist beim Singen (z.B. aus Bequemlichkeit oder Unsicherheit)
- bei einer zu nachlässigen Aussprache
- einem zu spannungslosen Gesicht (Konzentrationsblick, „nicht dabei sein“, auf das Instrument schauen usw.)
- wenn man emotional nicht richtig dabei ist bei der Interpretation,
In der Sängersprache bezeichnet man zu tiefe Töne mit dem Begriff: „flat“
Zu viel Spannung und damit zu hohe Töne entstehen z.B.
– bei Nervosität
– wenn man mit zu viel Druck singt
– wenn man verspannt ist usw. (wenn die Saiten „überspannt“ sind)
Zu hohe Töne bezeichnet man als „sharp“.
Meiner Erfahrung nach sind die meisten Sänger viel häufiger zu „flat“ als zu „sharp“. (= zu wenig Spannung)
Sehr wichtig ist auch die Spannungsverteilung im ganzen Körper, also wo die Spannung ist. Oft befindet sich die Spannung am falschen Ort, z.B. zu stark im Halsbereich und zu wenig im Körper.
Jeder Ton hat auch einen bestimmten Intonations-Spielraum, je nach Interpretation und Klangfärbung. Beispiel: Ein Wort wie „down“ darf z.B. eher etwas dunkel, tendenziell tief gefärbt sein. Diese Toleranzgrenze ist für verschiedene Ohren und in verschiedenen Kulturen unterschiedlich hoch. Leider wird heute studiotechnisch oft mit einem Programm namens „Pitch Control“ gearbeitet, welches zu tiefe Töne z.B. automatisch auf die richtige Tonhöhe anhebt. Dadurch werden Studioaufnahmen heute immer „klinischer“, und unsere Ohren gewöhnen sich immer mehr an glatt geschliffene Sounds, statt an lebendige Musik. Es gibt auch einen Gegentrend von Interpreten, welche diesbezüglich wieder zurück zu mehr Natürlichkeit gehen.
(Beispiel Alicia Keys «No one»)
Strategie für eine bessere Intonation:
Mit der Information «du intonierst nicht sauber», kann man meistens nicht allzu viel anfangen… Wichtig ist, dass du herausfindest WANN und WESHALB du nicht sauber intonierst.
- Am besten machst du Audio-Aufnahmen von dir und streichst danach auf deinen Noten / deinem Textblatt alle unsauberen Stellen an.
- Versuche nun ein Muster (oder mehrere Muster) herauszufinden, WANN du nicht sauber intonierst. Du findest weiter unten eine Liste mit den bekanntesten «Intonations-Fallen».
Beispiel 1: «Immer beim Vokal «a» singe ich flat.» > nun kannst du z.B. an der Vokalfärbung / Platzierung des Vokals «a» arbeiten und damit deine Intonation verbessern.
Beispiel 2: «Immer bei hohen Tönen singe ich etwas zu tief.» > nun kannst du z.B. an der Stütze für deine hohen Töne arbeiten und damit deine Intonation verbessern.
«Intonations-Fallen»:
Melodische Abwärtsbewegungen: oft lässt man hier zu fest los… > aufwärts denken, Spannung halten, Gegenbewegung nach oben
- Satzenden / Phrasenende > Atemkontrolle, innerlich dranbleiben, Spannung halten, bei Satzende Arme aufmachen, Theraband
- Alle Grenzbereiche der Stimme (Höhe, Tiefe, Beltgrenze, Registerübergang) > entsprechende Stellen gut trainieren, geeignete Songs auswählen oder transponieren!
- Grosser Tonsprung abwärts > unteren Ton genügend hoch denken! Nicht «abstürzen»…
- Grosser Tonsprung aufwärts > den oberen Ton von oben herab singen, nicht von unten nach oben! „Klippe“, Treppen steigen
- Melodie bleibt lange auf gleichem Ton > Spannung halten, Arme, Theraband
- Einen Ton lange aushalten > Körperhaltung! Arme öffnen, Brustkorb öffnen, Schulterblätter
- Lange in hoher Lage oder mit hoher Intensität singen > Dranbleiben, aufpassen Ermüdung, richtige Lage für dich? Kondition trainieren
- Belting: Ist Belting neu für dich? Dann ist die Gefahr gross, dass du die hohen Töne noch in die Höhe stemmst und sie zu tief sind.
- Bei sehr weich / entspannt gesungenen Passagen > Präsenz, leise & geheimnisvoll
- Bestimmte Vokale (z.B. „a“ oder offenes «o») > Beim Öffnen genügend Spannung behalten (Vorstellung: Mund „nach oben“ öffnen), Vokal etwas heller färben
- Artikulation > Artikulation trainieren, aktive Gesichtsmuskulatur und Mimik (Zungenbrecher)
- Mundstellung > Genügend Spannung im oberen Bereich des Gesichtes, „Sängerbäggli“, lebendige Augen, Gesicht mit Spannung und Ausdruck
- Emotion > Nicht einfach vor sich hinsingen, sondern emotional dabei sein, Ausdruck
- Atemkontrolle > vor allem bei Satzenden und langen Tönen! Nicht zusammensinken! Siehe Blätter über Atmung
- Bei Doppel-Vokalen am Schluss eines Wortes oder auf lange ausgehaltenen Stellen: So lange wie möglich auf dem 1. Vokal bleiben und auf dem gleichen Vokal Ton aushalten.
- Bei englischen Songs bei Wörtern mit R-Endung: z.B. star, car, here… Auf offenem Vokal aushalten, „R“ erst ganz am Schluss. Dasselbe gilt auch für L-Endungen: fall, call…
- Klangfarbe DUNKEL / HELL: Wenn du deinen Klang zu dunkel und schwer färbst, zieht das deine Intonation auch runter. (und dunkle Vokale)
- Druck: Zuviel Druck kann deine Intonation auch runterziehen.
- A cappella-Gesang > Am meisten aufpassen, dass man nicht sinkt, muss man beim A cappella-Singen. Wird man von einem Instrument oder einer Band begleitet, wird man laufend „aufgefangen“. Wenn man a cappella singt, muss man deshalb die Spannung sehr gut behalten, z.B. bei Satzenden, Abwärtsbewegungen, langen Tönen usw.! Im Chorgesang muss man auch sehr darauf achten die Spannung zu halten, da unbewusst oft das Gefühl da ist, dass ja noch viele andere mitsingen und man nicht mit der gleichen „Verantwortung“ singt, wie wenn man solo singen würde.
- Melodie noch nicht sicher im Ohr, oder sehr «schräge» Melodien: Jazz… Modulationen usw.
- Riffs and Runs: sehr schnelle Läufe, oder sehr akrobatische Tonsprünge, oder gleich beides in Kombination
Intonation ist auch eine Sache des Gehörs und der Gehörschulung, also auch eine Trainingssache!
- Dabei sind Aufnahmen sehr hilfreich! (Oft ist man während dem Singen zu „beschäftigt“ um ganz genau hinzuhören
- Wenn du dich tontechnisch nicht gut hörst, ist es schwierig den richtigen Ton zu treffen. (Monitor!
- Harmonisch oder melodisch schwierige Passagen gut üben, bis Du sie im Gehör hast (z.B. Modulationen)
- Achte darauf, dass Du Dich gut genug hörst (Bühnensound) z.B. Monitor, Musik nicht zu laut, In-Ear-Monitoing usw.
- Wenn es sehr laut ist, kann im Notfall auch mal EIN Ohrstöpsel helfen, damit du dich beim Singen mehr von innen hörst. (z.B. Big Band)
- Im Studio mit Kopfhörern, ev. ein Kopfhörer weg
- Singen mit Mikrofon: Es braucht Zeit sich daran zu gewöhnen, dass Du Dich von aussen hörst! Übung macht den Meister!
Und übrigens: Solange Du hörst und merkst, dass Du nicht genau intonierst kannst Du gut daran arbeiten!!! Schwieriger wird’s, wenn Du’s nicht merkst. Aber selbst dann kannst Du Dein Gehör schulen.